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Immobilienbewertung: So ermittelst du den fairen Preis

Wer ein Grundstück kaufen möchte, steht vor der Frage: Was ist ein fairer Preis? Eine fundierte Immobilienbewertung verbindet Markt- und Lagekennzahlen mit rechtlichen, technischen und umweltbezogenen Prüfungen. Dieser Leitfaden führt Schritt für Schritt durch die Analyse – von Bodenrichtwerten und Erschließungszustand über Baurecht und Due Diligence bis zu Finanzierung, Kaufvertrag und Verhandlung. So erkennst du Chancen und Risiken früh, vermeidest teure Überraschungen und triffst informierte Entscheidungen. Ob Bauland, Rohbauland oder Erbpacht: Mit klaren Kriterien, geprüften Begriffen und praxisnahen Methoden bewertest du sicher – auch ohne Vorwissen. Ziel ist, deine Suche zu strukturieren und auf belastbare Daten zu stützen.

Finde dein Grundstück

Eine effiziente Grundstückssuche kombiniert Geodaten mit rechtlichen Filtern. Starte mit interaktiven Karten: Über BORIS erhältst du Bodenrichtwerte je Lage, ein Bebauungsplan-Viewer zeigt die zulässige Nutzung (Art und Maß, GRZ/GFZ), und die Flurstück-/Gemarkungssuche liefert präzise Parzellendaten. Blende früh Georisiken ein, etwa Hangneigung, Bodenverhältnisse, Hochwasser- und Lärmkarten. So beurteilst du Lagequalität und mögliche Abschläge.

Filtere Angebote nach Bebaubarkeit (erschlossen/teilerschlossen/unerschlossen), Grundstücksart (Wohnen, Gewerbe, Freizeit, Landwirtschaft), Größe und Zuschnitt. Erstelle ein klares Suchprofil mit Prioritäten wie Budgetkorridor, Zeitplan und Baurechtssituation. Damit triffst du schneller eine Shortlist und kannst in Bieterverfahren zügig belastbare Angebote abgeben.

Schnellüberblick: Kosten & Nebenkosten

Faustformel für die Gesamtkosten: Kaufpreis + 6–12% Nebenkosten (Notar/Grundbuch ca. 1,5–2,0%, Grunderwerbsteuer je nach Bundesland ca. 3,5–6,5%, ggf. Maklerprovision regional 3–7%) + Erschließungs- und Anschlusskosten. Beispiel: Kaufpreis 200.000 Euro, Nebenkosten 10% = 20.000 Euro, Erschließung/Anschlüsse 25.000 Euro; Gesamtkosten rund 245.000 Euro. Nutze Rechner für Nebenkosten, Grunderwerbsteuer und Erschließung, um Szenarien zu vergleichen. Ein Finanzierungs- bzw. Beleihungsauslauf-Rechner zeigt, wie viel Eigenkapital sinnvoll ist.

Plane Bauvorbereitungskosten ein, etwa Vermessung, Bodengutachten und Medienanschlüsse. Voll erschlossenes Bauland reduziert das Kostenrisiko, teilerschlossene Flächen erfordern Reservepuffer. Beachte regionale Unterschiede bei Gebühren, KAG-Regelungen und Netzanschlussentgelten; die Summen variieren teils deutlich nach Kommune.

Bebaubarkeit & Recht sicher prüfen

Der faire Preis hängt maßgeblich vom Baurecht ab. Prüfe systematisch:

  • Bebauungsplan (B-Plan) oder, falls nicht vorhanden, Zulässigkeit nach § 34 BauGB; strittige Punkte per Bauvoranfrage klären.
  • Baulastenverzeichnis auf öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (z. B. Stellplatz-, Abstands- oder Zufahrtsbaulasten).
  • Grundbuch auf Grunddienstbarkeiten wie Wegerechte, Leitungsrechte oder Wohnrechte; je nach Eingriff wertmindernd.
  • Umwelt- und Schutzthemen: Hochwassergefahrenkarte, Lärmkataster, Natur- und Denkmalschutz, FFH-Gebiete, Artenschutz.
  • Erschließungsstand, gesicherte Zufahrt und Medienverfügbarkeit als Basis für Planungs- und Kostensicherheit.
  • Flächennutzungsplan und künftige Planungen zur Einschätzung von Aufwertung oder zusätzlichen Belastungen.

Due-Diligence-Checkliste

Eine strukturierte Due Diligence reduziert Bewertungsunsicherheit. Relevante Unterlagen und Abfragen:

  • Aktueller Grundbuchauszug (Eigentümer, Lasten, Dienstbarkeiten).
  • Liegenschaftskarte/Flurkarte mit Grenzen und Flurstücksnummern.
  • Altlastenkataster sowie historische Luftbilder zu früheren Nutzungen.
  • Kampfmittelverdachtsflächen und geotechnische Auskünfte (Bodenart, Hangneigung, Versickerungsfähigkeit).
  • Bodengutachten mit Tragfähigkeit, Frostsicherheit und Risiken für Mehrgründungskosten.
  • Beitrags- und Gebührenstatus: Erschließungs-, Straßen- und Ausbaubeiträge, Anschlusskosten für Wasser, Abwasser, Strom, Gas, Telekom sowie ggf. wiederkehrende Beiträge nach KAG.
  • Nachweise zum Erschließungsstatus (voll, teil- oder nicht erschlossen) für Preis- und Planungssicherheit.

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Finanzierung & Budget

Die Finanzierung eines Grundstücks unterscheidet sich von der klassischen Baufinanzierung. Banken setzen beim reinen Landkauf oft konservativere Beleihungsgrenzen an; kalkuliere den Beleihungsauslauf realistisch. Höheres Eigenkapital senkt Zinsrisiken und verbessert Konditionen. Planst du später zu bauen, koordiniere Zwischenfinanzierung und bereitstellungszinsfreie Zeiten, damit Auszahlung, Kaufvertrag und Fälligkeitsmitteilung zusammenpassen. Nutze Rechner, um den optimalen Eigenkapitaleinsatz zu bestimmen und Rücklagen für Erschließung, Anschlüsse und Gutachten einzuplanen. Eine frühe Finanzierungsbestätigung macht dich in Bieterverfahren handlungsfähig. Prüfe zusätzlich regionale Förderungen oder kommunale Programme, die den Effektivpreis senken.

Kaufprozess & Vertrag

Der Ablauf: Exposé sichten, besichtigen, Unterlagen prüfen, ggf. reservieren, dann Notartermin. Der Kaufvertrag regelt Fälligkeit, Besitz-, Nutzen- und Lastenwechsel, Gewährleistung und Rücktritt. Zentral ist die Auflassungsvormerkung im Grundbuch, die deinen Anspruch auf Eigentumsübertragung sichert. Nach Vorliegen aller Voraussetzungen (z. B. Vorkaufsrechtsverzicht der Kommune) verschickt der Notar die Fälligkeitsmitteilung; erst dann wird gezahlt.

Achte bei verbundenen Geschäften (Kauf + Bau) auf eine saubere Trennung, um unnötige Grunderwerbsteuer auf Bauleistungen zu vermeiden. Klare Regelungen zu Altlasten, Leitungsrechten und Erschließungsstand sind Pflicht. Musterklauseln geben Orientierung, ersetzen aber keine individuelle Prüfung durch Notar und – falls nötig – Vermessungsingenieur oder Bodengutachter.

Verhandlung & Preisstrategie

Bestimme den fairen Preis datenbasiert. Starte mit BORIS-Bodenrichtwerten und adjustiere nach Mikrolage, Lärm, Ausrichtung, Zuschnitt, Erschließungsgrad, Baurecht und wertmindernden Lasten. Ergänze Vergleichsangebote, Angebotsdauer und regionale Zu- oder Abschläge zu einem Marktpreis-Spannband. Lege deinem Angebot eine saubere Herleitung bei, inklusive Indikationen aus dem Bodengutachten und kalkulierten Erschließungskosten.

In Bieterverfahren gilt: Fristen einhalten, Finanzierungsbestätigung beilegen, Eskalationsgrenzen definieren und keine irreversiblen Zusagen ohne Prüfvorbehalt. Rechne Szenarien (Best-, Base-, Worst-Case) mit Nebenkosten, Beiträgen und optionalen Risiken wie Pfahlgründung. So verhandelst du souverän, begründest Abschläge sachlich und erhöhst die Zuschlagswahrscheinlichkeit ohne Überbezahlung.

Grundstücksarten & Nutzung

Die Grundstücksart prägt Bewertung und Finanzierung. Baugrundstücke (meist erschlossen, sofort bebaubar) erzielen die höchsten Preise. Rohbauland wird nach Erschließung bebaubar und erfordert Zeit sowie Beiträge. Bauerwartungsland ist spekulativ, da Baurecht ungesichert ist. Prüfe die Nutzungsart im B-Plan (z. B. WA, MI, GE) sowie GRZ/GFZ und Höhen.

Erbpacht senkt den Kaufpreis, bedeutet aber laufenden Erbbauzins (oft indexiert), begrenzte Laufzeiten, Heimfallregelungen und teils eingeschränkte Beleihbarkeit. Eine Total-Cost-of-Ownership-Rechnung ist Pflicht. Beim Gewerbe, Freizeit- oder landwirtschaftlicher Nutzung sind Zweckbindung, Umnutzungsfähigkeit und Genehmigungszeiten entscheidend. So ordnest du Realisierbarkeit und fairen Preis korrekt ein.

Fazit

Den fairen Preis ermittelst du, indem du Markt- und Richtwerte mit Baurecht, Erschließung, Umwelt- und Georisiken sowie Vertragsdetails verknüpfst. Eine konsequente Due Diligence mit Altlastenkataster, Baulastenverzeichnis, Grunddienstbarkeiten, Bodengutachten und Beitragsprüfung reduziert Unsicherheiten. Ergänzt um solide Finanzierung, klare Vertragsklauseln und eine datenbasierte Verhandlung entsteht ein belastbares Preisband. So wird der Grundstückskauf zur transparenten, gut dokumentierten Investition mit hoher Planungssicherheit.

FAQ

Wie zuverlässig sind Bodenrichtwerte für die Preisfindung?

Bodenrichtwerte sind Orientierungswerte aus Vergangenheitsdaten. Sie liefern den Ausgangspunkt, müssen aber um Mikrolage, Baurecht, Erschließung und Lasten angepasst werden.

Was bedeutet „voll erschlossen“ beim Grundstück?

Voll erschlossen heißt, dass Straße und Leitungen (Wasser, Abwasser, Strom, ggf. Gas/Telekom) bis zur Grundstücksgrenze vorhanden sind und keine Erschließungsbeiträge mehr anfallen.

Wann lohnt sich eine Bauvoranfrage?

Immer dann, wenn der B-Plan unklar ist oder keiner existiert. Die Bauvoranfrage schafft Rechtssicherheit zu wesentlichen Parametern und reduziert Planungs- und Kostenrisiken.